erschienen im Hinterländer Anzeiger am 23. Mai 2020
Sind wir mit einer Krise konfrontiert, laufen verschiedensten Stressreaktionen in unserem Körper ganz unbewusst und voll automatisch ab. Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt, die Muskeln werden angespannt. Der Körper ist so für einen Kampf oder für eine Flucht perfekt vorbereitet.
Damals, als dieser Automatismus entstand, war er sehr sinnvoll. Wir existierten zu dieser Zeit noch unter wilden Tieren und den bedrohlichen Urgewalten der Natur. Nun leben wir jetzt im 21. Jahrhundert. Diesen Bedrohungen sind wir heute nicht mehr ausgesetzt. Aber unser Körper und seine Stressreaktionen stammen noch aus dieser Epoche.
In der Stress-Forschung wurde belegt, dass ein zusätzliches Symptom von Stress, dass Entstehen eines sogenannten „Tunnelblickes“ ist. Ein Problem wird dann fokussiert und erhält so unsere volle Aufmerksamkeit.
Im Falle der Bedrohung eines wilden Tieres war das sehr hilfreich. Durch den Tunnelblick hatten wir die Konzentration auf das Tier gerichtet. Wir sind dann vor ihm geflohen. Diese Bedrohung war kurz, die ganz Lösung einfach. Wir retteten unser Leben und danach entspannten wir unter dem Schutz von Bäumen.
Bei länger anhaltenden Krisen ist es nicht ganz so einfach. Der Tunnelblick, welcher für kurze Phasen des Stresses hilfreich ist, wird zu einem zusätzlichen Problem.
Ist die Sicht eingeschränkt, finden wir keine Lösungen. Es gibt nicht umsonst Sprüche wie „den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen“ oder „etwas völlig aus den Augen zu verlieren“.
Nach einer Weile bekommen wir allmählich ein „Schwarz-Weiß-Denken“ oder ein „Alles-Oder-Nichts-Denken“. Dann ist unsere Sicht auf die Dinge sehr beengt geworden. Wir nehmen nichts anderes mehr so richtig war. Etwas Positives oder Schönes wird nicht mehr gesehen und geschätzt. Wir erfreuen uns daran nicht mehr. Das kostet uns unsere Lebensqualität. Aber es gibt Lösungen, um diesem Phänomen entkommen zu können.
Lösung 1: Den Blick auf ein Thema verändern. Wir nehmen sehr schnell nur noch das Schlechte einer Situation wahr. Aber jede Medaille hat bekannterweise zwei Seiten. Finden Sie die positiven Auswirkungen eines Umstandes. Auch wenn die Suche danach etwas dauern kann. Aber positives Denken hilft!
Der Körper, der Geist und die Seele sind eine Einheit. Verändern wir das Befinden von einem der drei Anteile, so hat es eine direkte Auswirkung auf die anderen zwei. Ein Beispiel: Wenn wir krank sind (Körper), neigen wir zu negativen Gedanken (Geist) und wir bekommen daraufhin schlechte Laune (Seele).
Also kommen wir zur Lösung 2: Wir benutzen unseren Körper, in diesem Fall unsere Augen, um uns freier zu fühlen. Zuerst beobachten Sie bitte Ihre Atmung. Das geht mit geschlossenen Augen am einfachsten. Nehmen Sie das heben und senken des Brustkorbes war. Bewerten Sie nichts. Nach ein paar Atemzügen werden Sie schon ruhiger. Öffnen Sie Ihre Augen und schauen Sie aus dem Fenster. Schauen Sie in die Ferne. Hilfreich ist es auch, in den Himmel zu sehen. Beobachten Sie die Wolken, wie Sie an Ihnen immer weiter vorbeiziehen.
Diese Übung, direkt in der Natur umgesetzt, verstärkt das befreiende Gefühl. Insbesondere eine Waldumgebung wirkt sehr unterstützend. Die Reize des Waldes beruhigen uns über die Sinne zusätzlich. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf einen entfernt stehenden Baum und lassen Sie dann den Blick umherschweifen.
Der Tunnelblick ist verschwunden und die innere Freiheit wieder wahrnehmbar.